Benzos

16.07.2015 03:35
avatar  stan162 ( Gast )
#1
st
stan162 ( Gast )

Hallo allerseits!

Das Thema Medikamente bzw. deren Missbrauch liegt mir sehr am Herzen. Besonders die Tranquilizer und Barbiturate sollten schon längst mal hier aufgetaucht sein (statistisch gesehen). Es liegt mir deshalb am Herzen weil ich selbst von 1985 bis 2013 reichlich konsumierte was sich mit der Endung -zepam geschrieben hat. Besonders Flunitrazepam in Form von Rohypnol, das von Roche hergestellt wurde und in Deutschland leicht zu beschaffen war. Sehr beliebt in Kreisen wo harte illegale Drogen konsumiert werden. Es kann zunächst mal dazu verwendet werden um nach starkem Kokain Gebrauch runter zu kommen. Das waren bei mir die Anfänge gelegentlichen Konsums. Als ich dann auf "H" war begegnete mir genau das gleiche Medikament wieder, diesmal als Ersatzstoff für Dope angepriesen. Doch mangels Erfolgs blieb es auch hier nur bei gelegentlichem Konsum. Zum richtigen dauerhaften Konsument wurde ich erst 1988, als ich es bei einem Bekannten sah, der es als Verstärkung zum Heroin nahm. Es ist nämlich so, dass bei Heroinabhängigkeit eine Gewöhnung ans Dope eintritt. Man braucht immer mehr um die gleiche Wirkung zu erreichen. Da hilft dann das Rohypnol. Vor dem Heroin zwei drei Rohyps schon törnt es wieder. Aber leider auch nicht ewig denn auch an die Ropse gewöhnt sich der Körper. So muß man auch die Dosis der Rohyps langsam steigern. Das geht dann so weiter bis mal nichts zu bekommen ist, man kein Geld hat und mit einer Entgiftung die Notbremse ziehen musste. Dies geht bei derartig hoher Dosierung nur stationär wenn man nicht sein Leben aufs Spiel setzen will. Es kann zu Krampfanfällen und zum Dilirium kommen. Als ich dann 1999 substituiert wurde habe ich immer noch öfters mal Rohypnol genommen. Ich dachte immer man merkt es nicht wenn ich ein paar Tage drauf bin. Tatsächlich aber ist es immer bemerkt worden, denn ich habe so starke Ausfallserscheinungen gehabt, dass dies nicht verborgen bleiben konnte. Da ich mich jahrelang in einer depressiven Grundstimmung befand, sah ich die Rohynol als einziges Mittel um abzuschalten und mich kurzzeitig wohl zu fühlen. Doch das war ein großer Irrtum, denn Benzos können beim plötzlichen Absetzen und nach langem Konsum genau das hervorrufen was sie verhindern sollen. Angst Schlaflosigkeit und Nervosität sind nur drei Dinge. Eine andere unangenehme Eigenschaft ist mir in dieser Zeit frequenziellen Konsums bewußt geworden: die lange zeit die der Körper zum Abbau braucht. Dadurch ist man nie ganz befreit und die Depots im Fettgewebe führen immer wieder zu unerwunschten Resultaten. Besonders beim Ergebnis einer Urinuntersuchung läßt sich noch nach Monaten der Stoff nachweisen. Da ich nie eine Abstinenzphase hatte die lang genug war, hatte ich vor 2007 nie eine cleane UK.
Ab da wurden meine Rohypnol-Abstürze immer seltener und ich begann zu erkennen, dass Rohypnol mit ein Grund meiner Depressionen war, obwohl sie doch zunächst genau das Gegenteil bewirken sollen. Besonders deutlich ist mir das seit 2013 geworden. Seit 2012 bekommt man Benzos meist nur noch mit BTM Rezept. Das führte zu einem Einbruch im Schwarzmarkt. Nach kurzer Zeit war Rohypnol nur ganz selten und erheblich teurer zu bekommen. Für mich dann der letzte Grund um einen Schlußstrich zu ziehen. Meine Lebensqualität ist noch mal angestiegen, bzw der Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Jede Woche jeder Monat bringt weiteren Fortschritt. Es ein langer Weg mit vielen Niederlagen. Obwohl ich eigentlich fühlte dass Rohypnol für mich mehr Nachteile als Vorteile hat (wenn es die Vorteile objektiv gesehen überhaupt gibt) hab ich mich wieder verführen lassen es erneut zu nehmen obwohl ich mit mir doch einig war, es bringt nix ich krieg wieder alles in negativer Form vielfältig zurück was ich kurzfristig als verlockend empfinde. Letzt endlich hatte ich Glück und die Dinge entwickelten sich so, dass ich das Zeug hinter mir lassen konnte. Seit 2013 habe ich keine Rohynol mehr genommen und die ähnliches wie Diazepam Tavor etc sagt mir auch nicht mehr zu. Dafür bin ich dankbar. Also auch wenns lang dauert kann sich noch alles zum Guten wenden. never give up

Stefan


 Antworten

 Beitrag melden
17.07.2015 17:32
avatar  Texi
#2
avatar

Hallo Stefan,

Du hast eine eine bewegende Zeit hinter dir. Medikamentensucht ist tatsächlich sehr häufig, unterstürzt oft durch gleichgültige Aerzte. Unter Aerzten und Pflegepersonal wegen des leichten Zugangs weit verbreitet und der Vorteil ist, man hat keine Fahne.

Bei meiner ersten Entgiftung landete ich auf einer Station für Drogensüchtige, weil ich ein Notfall war und bei den Alkis kein Platz. Vorher völlig ahnungslos erfuhr ich dort, welche große Rolle Medikamente
bei Drogensüchtigen spielen.

Ich war dann 5 Monate auf der 'normalen' Suchtstation, war wegen Suizidgefahr dort zwischengeparkt
bis zur LZT. Mein Zimmer teilte ich eine zeitlang mit 2 medikamentenabhängigen Damen bzw. mehrfachabhängigen. Damals lernte ich das Ausmaß dieser Sucht kennen, und wie schwierig die Entgiftung ist. Trotzdem wurden auf der Station an die Alkis starke Medikamente ausgegeben, die Ärzte hätten ja wissen müssen, wie leicht man von der einen Abhängigkeit in die nächste rutscht.

Alle Achtung, dass du den Ausweg gefunden hast aus dieser Endlosschleife.

Mit einer meiner Zimmergenossinnen hatte ich mich befreundet, wir hatten noch einige Wochen Kontakt, sie nahm sich das Leben mit 42 Jahren.

Geniesse dein cleanes Leben!

LG Texi


 Antworten

 Beitrag melden
Bereits Mitglied?
Jetzt anmelden!
Mitglied werden?
Jetzt registrieren!