Hier kommt Teil 2 meines Erfahrungsberichtes über Medikamentenabhängigkeit, nach meiner Einlieferung ins Krankenhaus.
Ich war total schwach und bekam Blutkonserven weil ich weitgehend unbemerkt viel Blut verloren hatte. Nach ein paar Tagen konnte ich nicht mehr stehen oder laufen und wurde behandelt wie eine Simulantin, als Alkoholikerin war ich sowieso abgestempelt. Nach dem Motto: die ist ja selbst schuld an ihrer Krankheit, warum hat sie soviel gesoffen. Nach einer Woche war mein ganzer Körper gelähmt und gefühllos, hatte aber Schmerzen in Armen und Beinen. Ich bekam jede Menge Medikamente, außer ständiger Müdigkeit zeigten sie keine Wirkung und ich wurde zur Diagnostik ins nächste Krankenhaus überwiesen. Ich wurde gründlich untersucht, Ohne klaren Befund. Meine Schmerzen wurden immer schlimmer und ich bekam andere Medikamente. Die Schmerzen wurden kaum gelindert, dafür hatte ich Halluzinationen. Was genau passiert ist weiß ich nicht, ich hatte kein Zeitgefühl mehr. In meiner Krankenakte stand: Die Patientin ist renitent.
Es folgte Klinik Nr. 3. Dort musste ich wieder Untersuchungen aller Art über mich ergehen lassen, diesmal wurden die Ärzte fündig. Ich hatte das Guillain-Barré-Syndrom, vereinfacht gesagt eine Erkrankung der kleinen Nerven, besonders in Armen und Beinen.
Tag und Nacht hatte ich heftige Schmerzen und Missempfindungen, die Behandlung mit Lyrica wurde begonnen, eigentlich ein Epilepsiepräparat. Normale Schmerzmittel wirken nicht gegen diese Nervenschmerzen, es wird dann ausprobiert was hilft. Ich wurde nicht aufgeklärt darüber welche Arzneimittel ich bekam, geschweige denn über Neben- und Wechselwirkungen unterrichtet. Bei diesem Medikament wird gewarnt vor der Anwendung wenn eine Abhängigkeitserkrankung besteht. Es kam noch ein Antidepressiva dazu und als bestes (!) Mittel Morphin. Diese Kombination wirkte gut gegen die Schmerzen.
Während einem anschließenden Reha-Aufenthalt musste ich auf die Intensivstation wegen drohendem Nierenversagen weil mir eine Medikamentenkombination gegeben wurde mit gefährlichen Wechselwirkungen. Es waren nämlich mittlerweile noch mehr Medis hinzugekommen. Diese Wechselwirkungen sind im Beipackzettel nachzulesen, als ich wieder daheim war habe ich mich im Internet darüber informiert.
Nach der Reha kam ich als schwerer Pflegefall in ein Heim. Dort war ich über ein Jahr bis ich im Rollstuhl gut zurecht kam und ein wenig laufen konnte. Zum Zeitpunkt der Entlassung nahm ich 8 verschiedene Medikamente, von manchen mehrere täglich, alle unbedingt erforderlich. Morphin war auch dabei, das brauchte ICH mittler-weile unbedingt. Angeblich haben Morphinpräparate als Schmerzmittel kaum Nebenwirkungen und die Entwicklung einer Sucht ist nur körperlich, lt. meinem Neurologen.
Die geistigen Veränderungen erschienen mir nach fast 4-jähriger Einnahme allerdings ziemlich gravierend. Deshalb habe ich es vor einem Jahr abgesetzt, alleine entzogen weil ich vom Neurologen, auf meine Bitte hin, keine Unterstützung erhielt. Nehmen sie jeden Tag eine halbe Tablette weniger, versuchen sie mal ob es ohne geht, sagte er zu mir. Als Ersatz verordnete er mir ein anderes starkes Schmerzmittel. Der Entzug war schlimm und es dauerte 2 Wochen bis ich wieder halbwegs auf den Beinen war. Vor einem Medikamentenentzug alleine zuhause kann ich nur warnen, das werde ich nie wieder tun. Seitdem habe ich wieder mehr Schmerzen, nehme bei starken Beschwerden Schmerztabletten.
Manchmal muss man halt Medikamente einnehmen um "gesund" bzw. beschwerdefrei zu sein, die Nebenwirkungen sind dann in Kauf zu nehmen. Das ist oft die Wahl zwischen Teufel und Beelzebub.
Allerdings ist die Aufklärung über die Gefahren der Arzneimittel durch Arzt und Apotheker äußerst mangelhaft oder wird heruntergespielt. Leicht gerät man so ohne eigene Schuld in die Spirale der Medikamentenabhängigkeit.
Viele Grüße Texi