Meine Therapien

18.01.2015 11:47 (zuletzt bearbeitet: 21.01.2015 19:57)
avatar  Theodor
#1
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Hallo Leute,
ich hatte gerade einen alten Aktenordner mit meinen Therapieunterlagen in die Hände bekommen.
Mmmh…Mann o Mann, Zeit sich zu erinnern. Die erste 1999 war wohl die wichtigste, Daun in der Eifel, „Auf dem Rosenberg.“ Wirklich sehr wichtig, weil ich dort zum ersten Mal mir eingestand, daß ich abhängig bin. Ein 3/4 Jahr, wobei man die ersten vier Wochen eigentlich abrechnen muss, denn diese Wochen saß ich eigentlich nur in der Gegend rum und überlegte mir ob ich dazugehörte. Zeit, die ich nachher vermisste. Ich war zwar schon in der Therapie rückfällig und nach ihr auch, aber nach dieser Zeit hatte sich irgendwie alles verändert.
„Ich konnte nicht mehr trinken!“, denn erst jetzt begriff ich was der Kontrollverlust ist! Nicht vorher in all den Entgiftungen, die ich eh nur ausgesessen hatte, nein jetzt! Jetzt entdeckte ich auch erst die Selbsthilfegruppe für mich. Wenn ich auch nicht aufhören konnte zu trinken, ging ich, wann immer ich körperlich in der Lage war, dorthin. Dort sah ich was möglich war, und dort wollte ich hin! Seit dieser Therapie kämpfte ich gegen meine Sucht!
Die Zweite ist eigentlich nicht mal wert zu erwähnen. 2003 „Haus Burgwald“ bei Darmstadt, sechs Wochen. Eher wie ein Arbeitslager. Ich versuchte aber trotzdem etwas herauszuholen und es war halt die Zeit, die mir doch was brachte.
2008 beschloss ich noch einmal in eine Therapie zu gehen. Leider kam ich wieder an eine falsche Adresse, obwohl ich sie mir selber ausgesucht hatte. Hardbergklinik im Odenwald. Wieder versuchte ich das Beste daraus zu machen, nahm auch einiges mit, aber im Großen konnte mir dort niemand helfen. Ich beschloss aber für mich, dass ich es dieses Mal besser machen wollte. Ich hatte mich schon vorher um eine ambulante Nachsorge-Therapie gekümmert, in die ich nahtlos am Ende dieser stationären Therapie wechselte. Ich ging jeden Montag in eine Nachsorgegruppe, die ich sehr gut fand, denn hier waren Leute die auch erst aus der Langzeit-Therapie kamen, alles ganz anders als in einer Selbsthilfegruppe, in die ich auch weiterhin ging. Da mir die Bedingungen der Nachsorge-Therapie später als Zwang erschienen, ging ich nicht mehr hin.
2010. Klinik Tönisstein, Bad Neuenahr. Hier erlebte ich die bisher wohl beste Therapie!!! Ähnlich wie in Daun. Aber für mich war sie zum Teil leider auch verheerend, denn es kamen dort sehr schlimme Sachen zum Vorschein, die ich über Jahrzehnte verdrängt hatte.
Ich begann wieder zu trinken! Ging nochmal in die Hardberklinik, dieses mal in die Psychosomatik. Brach ab, weil sie unmöglich war und nach meiner Meinung, wie überhaupt der ganze Hardberg, nur zur Verwahrung galt. Danach ging ich nur noch in meine Selbsthilfegruppe, dieses Mal aber regelmäßig und bin jetzt zwei Jahre trocken.
Bei all den Kliniken, die ich hinter mir hatte, habe ich gelernt, dass nur ich alleine mich ändern kann. Viele die ich kenne hatten wahrscheinlich diese Erkenntnis schon beim ersten Mal oder brauchten gar keine Therapie.
Ich musste da wohl durch.
Wie ist oder war es bei euch Es würde mich sehr interessieren welche Erfahrungen ihr habt

Theodor


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21.05.2015 02:49 (zuletzt bearbeitet: 21.05.2015 09:30)
#2
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Meine Therapieerfahrungen
Hallo Leute,


als ich den Text von Theo las, motivierte mich das, mal meine Erfahrungen dies bezüglich zu erzählen. Obwohl meine Therapieerlebnisse schon einige Jahre vergangen sind, ist das eine oder andere vielleicht trotzdem ganz interessant.


Meine erste Therapie führte mich 1987 in den westlichen Taunus in die Nähe von Bad Schwalbach, zur Villa Lilly. Diese Einrichtung war neu und noch in der Phase des Aufbau begriffen. Wahrscheinlich wurden viele Klienten gebraucht, die das voran bringen können. Anders konnte Ich mir nicht erklären, warum gerade diese Therapie für mich ausgewählt wurde. Ich bin auf Druck von außen dorthin, hatte selbst keine blasse Ahnung was Therapie genau bedeutet und was mich dort erwartet. Um so schockierter war ich von den Dingen die mich da erwarteten. Es war ja eigentlich so, dass ich überhaupt nicht vor hatte aufhören Dope zu nehmen. Ja mir war nicht einmal bewusst das ich in einer Weise abhängig war, die es dringend gebot, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen und meine Lebensweise zu hinterfragen. Meine Gedanken kannten jedoch nur ein Ziel – mir wieder eine Situation zu schaffen in der ich eine Zeit lang unproblematisch Heroin konsumieren kann. So war für mich schon der Tagesplan ein unmögliches Ding. Früh aufstehen um dann für umsonst zu arbeiten, kein eigenes Zimmer und dann auch noch Regeln mit Bestrafung bei Zuwiderhandlung. Das hatte ich schon mal vor ein paar Jahren, bei der Bundeswehr und im Knast. Und das mit dem psychologischen Programm und das ich dann auch noch vor zwanzig Leuten über mich sprechen sollte kam noch erschwerend dazu. In einem Kreis mit mehr als fünf Leuten zog ich es bisher immer vor zu schweigen. In der Abendrunde musste ich mich vor allen mit Namen, Herkunft und Therapieziel äußern. Und da ich diese Abendrunde oder etwas ähnlich erschreckendes nicht noch einmal erleben wollte stand für fest, morgen früh muss ich diesen Ort verlassen. Meine Rechtfertigung war unter anderem, dass die anderen Klienten ja viel schlimmer drauf sind. Ich bin noch nicht mal ein Jahr dabei und drücke nicht mal sondern ziehe nur Lines. So war ich dann nach einem Tag Therapie wieder zurück in Frankfurt.
Ich habe auch gleich wieder Vollgas gegeben. Nun ging es steil bergab. Und nach einem halben Jahr war ich an einem Punkt der mir nur die Therapie als Alternative zum Knast bot. Ich machte in Köppern eine Entgiftung und trat dann in Ffm / Sindlingen eine Langzeittherapie im dortigen Phönix-Haus an. Das war eine strenge Regeltherapie wie es halt in den 80ern üblich war. Ich bekam am ersten Tag einen Paten, der mir alles zeigte und mich in das Stufenprinzip einwies. Ich kam erstaunlich gut zurecht, denn hier lag der Schwerpunkt auf Arbeit. Die Morgen- und Abendrunden bekam ich auch irgendwie hin. Die Gruppentherapie war für mich noch am Schwersten. Aber zum Glück ging es meistens um andere Leute. Inzwischen war meine Einstellung so, dass ich wusste ich kann nicht mehr auf diese Weise weiter leben. Aber zum abstinenten Leben war ich auch noch nicht bereit. Ich dachte okay wenn die Gesellschaft ein Leben mit Drogen nicht toleriert, dann sollen die mir doch mal zeigen wie es für mich ohne Drogen gehen kann. Wenn ich was Akzeptables geboten bekomme für das es sich lohnt clean zu werden, dann mache ich das auch. Unter diesen Bedingungen hatte ich mir einen Monat Zeit gegeben, solange wollte ich auf jeden Fall bleiben. Ich hatte mich ganz gut eingelebt und alle waren erstaunt als ich pünktlich zum 1. Mai die Koffer packte. Das was mich in dieser Therapie weiter brachte, geschah alles außerhalb des therapeutischen Rahmens, meist in privaten Gesprächen. Und da auch meistens später erst in Situationen über die so oder ähnlich gesprochen worden ist. Eins allerdings ist sofort passiert – die Zeiten reuelosen Konsums waren vorbei und kommen nie mehr wieder. Man hatte sozusagen seine Unschuld verloren, man weiß jetzt immer was man da gerade macht. Man bescheißt sich von jetzt an selber und weiß es auch genau. Man hat nie mehr diese Rundumzufriedenheit, die einem vorher selbst in schwierigsten Momenten zumindest zu ein paar Stunden Ruhe verhalf. Von nun an war da immer etwas wie eine innere Stimme die einem in bestimmten Momenten sagte: so geht’s aber nicht …, jetzt bescheisst du dich gerade…., du weißt doch genau wo das endet. Und um diese Stimme zum Schweigen zu bringen muss man stärkere Geschütze auffahren. So ging es von nun an sehr steil bergab. Da ich das Kapitel Alkohol bereits ad Acta gelegt hatte mussten es nun Pillen sein, die mir Ruhe im Beschaffungsstress bringen sollten. Nach einem halben Jahr hatte ich keine Wohnung, keine Arbeit, kein Auto, keine Freundin und keine Freunde mehr. Dafür hatte ich jetzt Schulden, Geldstrafen, Bewährung und offene Verhandlungen. Ich brachte es gerade noch rechtzeitig fertig mich zur Therapie anzumelden. Das war dann in meiner Situation gar nicht so einfach. Man musste schon dran bleiben und einige Hürden überwinden.
Die letzte Hürde ist dann die Entgiftung. Ich benötigte zwei Anläufe, Köppern und Hadamar. Von dort aus ging es in die Waldmühle im Mühltal bei DA – Eberstadt. Ich hatte mich informiert und es sollte sich hierbei um eine nicht allzu strenge Langzeittherapie handeln. Trotzdem musste man stets die Regeln beachten denn bei Zuwiderhandlung gab es Konsequenzen in Form von Strafspülen und Aufräumdiensten spät abends, wenn die Anderen Freizeit haben. Der Schwerpunkt der Therapie lag in der Arbeitstherapie, jeden Tag 6 Stunden, Haus und Hof sauber halten und Mensch und Tiere versorgen. Gruppentherapie war 6 Stunden in der Woche und es war möglich ein Einzelgespräch mit dem zuständigen Therapeuten einmal die Woche zu führen. In der Freizeit machte ich mich mit Joggen, Krafttraining und Schwimmen wieder fit. Zweimal in der Woche kam Hubert, deutscher Ex – Meister im Kickboxen, und gab uns die Gelegenheit von ihm trainiert zu werden. Es ließ sich dort aushalten und ich blieb 11 Monate dort, von Dezember 88 bis November 89. Inzwischen hatte ich die Auflage bekommen die Maßnahme zu beenden. Ich war innerlich so weit, dass ich mir eingestanden hatte, einen so problematischen Umgang mit Alkohol und Drogen zu haben, dass an einen kontrollierten Umgang mit gelegentlichem Konsum gar nicht zu denken ist. Aber abstinent zu leben hatte ich irgendwie auch nicht vor. Ich wollte nun zumindest äußerlich die Basis für einen Neustart möglichst positiv gestalten. Dank des Einsatzes einiger Therapeuten gelang dies auch recht gut.
Auch diese Therapie brachte mich wieder nicht voran. Einen bleibenden Eindruck hinterließen oft die privaten Gespräche, die außerhalb des therapeutischen Rahmens stattfanden. Deren Bedeutung wird einem selbst aber oft erst später in bestimmten Situationen so bewusst, dass sich daraus ein persönlicher Gewinn ableiten läßt. Aus heutiger Sicht war es keine verschwendete Zeit. Dass ich nach Ablauf der elf Monate keine Woche brauchte um rückfällig zu werden war dem Umstand geschuldet, dass ich zwar einen offiziellen Plan für meine Zukunft hatte, selbst aber nicht daran glauben konnte. Auch hätte ich eine Nachsorge in Anspruch nehmen sollen statt wieder direkt in mein altes Umfeld zurück zu gehen. Während ich in Therapie war gab es dort ja keinen Stillstand und ich fand meine Freunde in zum Teil erschreckendem Zustand vor. Das zog mich runter und ich war bald wieder auf dem Stand von vor der Langzeit. Und es ging noch weiter bergab. Zwei Jahre später habe ich dann wieder die Notbremse gezogen. Ein Therapieplatz dauerte zu lange, also wollte ich erst in eine Übergangseinrichtung. Ich meldete mich in der Waldmühle Hanau/Mühlheim an, der Aufnahmetermin war zwei Wochen später . Doch ich wurde vorher verhaftet. Als ich am nächsten Tag dem Haftrichter vorgeführt wurde, sagte ich ihm dass ich einen Termin in der Einrichtung Waldmühle – Hanau hätte. Also wenn ich die Maßnahme in der Einrichtung antrete und erfolgreich abschließe könne man den Haftbefehl außer Kraft setzen und das Verfahren einstellen.
Ein paar Tage später, es war im August 1991, wurde ich vom Fahrer der Einrichtung aus der JVA Frankfurt abgeholt und nach Mühlheim gebracht. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Die Einrichtung war in einem Gebäude untergebracht, das vorher eine Pension gewesen war. Und so kam mir das Ganze auch vor. Es gab zwar ein paar Regeln – keine Drogen und Alkohol, keine Gewalt – ist ja klar, dazu noch eine Tagestruktur. Aber es gab auch einen Garten, Fernseh + Videoraum, Stereoanlage, Billardtisch, Flipper, Tischtennisplatte und Krafttrainingsraum. Alles stand einem in der Freizeit zur Verfügung. Und man hatte viel Freizeit. Niemals zuvor habe ich gerne an Therapiegruppen teilgenommen. Meine Mitklientinnen und Mitklienten waren größten Teils entspannt und in Ordnung – es gab niemand mit dem man nicht hätte auskommen können. In dieser Zeit hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, auch ohne Drogen und Alkohol zurecht zu kommen. Ich spürte dass ich doch noch Freude am Leben haben kann. Die Zeit in einer Übergangseinrichtung war auf drei Monate begrenzt. Es sollte nur die Zeit bis zu einer Therapie oder Nachsorge überbrückt werden. Das Team dort half einem bei der Wahl der Nachfolgeeinrichtung, aber auch bei aktuell anstehenden Dingen wie Schulden und Gerichtsverhandlungen. Ich wählte dann als Nachfolgeeinrichtung die Hermann Hesse Schule mit Nachsorge in Konrad Broßwitz Strasse in Frankfurt. Man hatte mich in meinem Bestreben Abitur zu machen und zu Studieren bestärkt, obwohl ich schon 31 war. In beiden Einrichtungen, Nachsorge und Hesse Schule fühlte ich mich wohl und blieb drei Jahre clean.
Auch wenn ich danach noch viele Entgiftungen brauchte, so war ab dieser Zeit für mich klar, dass ich eigentlich abstinent leben will. Das gelang mir immer ganz gut für ein paar Monate, doch ich hatte kein Plan wie das für immer gehen soll. Inzwischen gesellten sich zur Sucht auch noch ein paar Depressionen dazu. Man bescheinigte mir seit 2001 immer mal wieder eine „mittelschwere depressive Phase“. Obwohl es mir seit 2007 ständig besser ging, geriet ich 2009 wieder in so eine Depri-Phase. Ich fing dann obendrein auch noch an, regelmäßig Benzos zu nehmen. Zum jahreswechsel 2009-10 nahm ich mir vor, etwas gegen Depression, Sucht und Sozialphobie zu unternehmen. Etwa in Form einer Therapie, ambulant oder stationär, die auf alle drei Dinge eingeht. Und tatsächlich, für diese Problematik gibt es die AHG Klinik, eine Art Therapiekette mit Filiale in Breuberg / Sandbach, auch Hardberg Klinik genannt. Das Konzept dort unterscheidet sich von allem was ich bisher erlebte und vom Hörensagen wusste. Bei der Besichtigung 4 Wochen vor dem möglichen Aufnahmetermin hatte ich den Eindruck es handelt sich hier um ein Sanatorium oder eine Kurklinik. Es gibt ein Schwimmbad und ein Aufzug für die oberen Stockwerke. Die Klientenzimmer sind groß genug und Fernseher stehen einem auch zur Verfügung. Der Blick auf den Wochenplan zeigt: dies ist eine Therapie in der man nicht putzen und arbeiten muss. Das überzeugte mich und ich entschloss den möglichen Aufnahmetermin wahr zu nehmen.
Als ich dann Anfang 2010 in Heppenheim entgiftete, nahm ich mir fest vor dass diese Entgiftung vorläufig die letzte sein solle (und bis heute auch ist – knock on wood). Frisch entgiftet holte mich meine psychosoziale Betreuerin vom Roten Kreuz in Hepprum ab und brachte mich zur Hardberg Klinik nach Breuberg. Dort angekommen wurde gleich mit einer UK abgenervt, die ich grad noch rechtzeitig innerhalb einer mir zugestandenen Stunde abgeben konnte. Dann bekam ich ein Zimmer zugeteilt und mußte meine ganzen Sachen dahin schleifen. Denn mein Zimmer war nicht im Hauptgebäude, sondern 200m weiter den Berg hoch Richtung Wald, im Nebengebäude, wo das Personal seine Notunterkünfte und Übernachtungszimmer hatte. Kleine niedrige Zimmer in denen es entweder zu kalt oder zu warm war. Als ich dann den Gruppenraum sah, Therapiegruppe und Therapeut kennen lernte, war ich für den Anfang bedient. Es wurde im weiteren Verlauf auch nicht besser, denn ich bekam eine starke Erkältung und litt unter chronischer Schlaflosigkeit (das Bett war eine Katastrophe). Unser Therapeut war öfters mal nicht da und das Einzelgespräch fand nicht jede Woche statt. Die Gruppen waren immer sehr zäh und für mich kam nix bei rum. So wurde das Ganze von mir durch einen Rückfall vorzeitig beendet. Seit 2011 ging es mir dann stetig immer besser. Das muss ich meiner Teilnahme an der CMA Selbsthilfegruppe zuordnen. Seit 2007 bin ich dabei und seitdem ging es für mich ständig vorwärts, auch wenn mal schlechte Phasen dabei waren. Letzt endlich haben alle Therapien mich weitergebracht, auch wenn es nur darum ging mir zu zeigen was ich alles nicht mehr brauche und mir nicht mehr antun will, wie zum Beispiel eine stationäre Therapie.

Stefan F.


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21.05.2015 09:29 (zuletzt bearbeitet: 21.05.2015 09:33)
avatar  Theodor
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"Eins allerdings ist sofort passiert – die Zeiten reuelosen Konsums waren vorbei und kommen nie mehr wieder. Man hatte sozusagen seine Unschuld verloren, man weiß jetzt immer was man da gerade macht. Man bescheißt sich von jetzt an selber und weiß es auch genau. Man hat nie mehr diese Rundumzufriedenheit, die einem vorher selbst in schwierigsten Momenten zumindest zu ein paar Stunden Ruhe verhalf. Von nun an war da immer etwas wie eine innere Stimme die einem in bestimmten Momenten sagte: so geht’s aber nicht …, jetzt bescheisst du dich gerade…., du weißt doch genau wo das endet."

Das hast Du sehr gut beschrieben! ...genauso habe ich das bei meiner ersten Therapie empfunden.

Es tut gut sich zu erinnern? auch an diese Zeit, sie steht dann noch mal vor einem?
Mir tut es gut zu sehen das es auch anderen so ergangen ist, ich nicht der einzige bin, der die Mühlen in all ihrem > guten und schlechten < durchlaufen ist.
Aber, Stefan, wir schreiben hier in der Vergangenheitsform! Wir haben es überstanden und sind heute Clean, auch wenn wir so lange brauchten. Oder vielleicht auch grade deshalb? ...viele die ich kannte haben beim ersten mal schon aufgegeben und sind heute Tot. Ich bin froh das ich nie aufgegeben habe (er war ja schon schwer wenn mann in einer neuen Therapie aufschlug und sagen musste: "...das ist meine dritte, ...das ist meine vierte, ...mann kam sich dann immer als Versager vor und wurde auch so angesehen!) lebe ich doch dadurch heute ein "wirkliches" "zufriedenes" "Nüchternes Leben."
Danke für deinen Beitrag!

Theodor


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21.05.2015 21:29
avatar  Texi
#4
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Hallo Stefan und Theodor,
ihr habt beide eine lange, schwere Zeit hinter Euch. Seid ihr jetzt clean und trocken trotz oder wegen Therapie? Ohne Therapien hätte ich es nicht geschafft, soviel ist sicher. Im Rückblick erscheint manches anders oder man hat es einfach vergessen, aber unterm Strich denke ich an diese Zeiten eher mit positiven Gefühlen. Um mir die negativen Dinge wieder bewusst zu machen, krame ich meine Tagebücher wieder hervor. Vieles sehe ich heute nicht mehr als negativ an.
Zu meiner ersten Entgiftung kam ich 2001 nach Heppenheim, ein seelisches und körperliches Wrack nach 20 Jahren Saufen ohne Pause und ohne einen Funken Lebenswille oder Hoffnung. Der Aufenthalt dort war zuerst ein Schock (die erste Woche kann ich nicht erinnern), aber dann wollte und konnte ich nicht mehr weg. In meinem alten Leben kam ich überhaupt nicht mehr zurecht. Die Alkoholiker-station war meine Zuflucht. Dort verbrachte ich fast ein halbes Jahr wegen Suizid-Gefahr und begann nahtlos eine Therapie in der Salus-Klinik in Friedrichsdorf. Ich ging dorthin mit dem Gedanken, ich probier`s und wenn es nicht funktioniert kann ich mich immer noch umbringen. Die Gruppe in der ich gelandet bin, hat mir wenig gebracht. Irgendwie fühlte ich mich als Fremdkörper und die Frauen mit denen ich das Zimmer teilen musste schlicht eine Katastrophe. Aber das therapeutische Konzept war richtig für mich, ich hatte ganz viel Freizeit und konnte mir selbst aussuchen woran ich teilnehmen wollte. Das wichtigste aber war die Therapeutin, sie war das Beste was mir je begegnet ist. Der Abbruch der Therapie wäre für mich nie infrage gekommen, schon weil ich Angst hatte vor dem richtigen Leben.
Aber es ging 3 Jahre gut, in der Zeit war ich aber immer noch jede Woche bei einer Psychotherapeutin, wo ich mich ausk..... konnte. Allerdings war ich damals nicht zufrieden trocken, wie man so sagt.
Irgendwann hatte ich kein eZeit mehr für Therapie und SHG , und das ganze Elend begann von vorne. 2006 machte ich nochmal eine Therapie, wieder in der Salus-Klinik. Allerdings mit Schwerpunkt Depression und PTBS. Ich hatte wieder Glück mit meiner Therapeutin, zuerst waren wir vier in der Gruppe, die anderen brachen ab und ich hatte sie für mich allein. Leider hatte diese Therapie auf meine Alkoholsucht wenig Einfluss, ich hatte immer wieder Trinkphasen, allerdings gegen früher eher "gemäßigt". An den Auslösern für meine Trinkerei hatte sich wenig geändert, aber in meinem Kopf
ist doch einiges ander abgelaufen und irgendwann hat sich eine Trinkpause in eine zufriedene Trockenheit gewandelt. Ich habe gemerkt, hej ohne das Zeug ist alles besser, ich brauche es nicht.
Ich habe schon immer die Menschen bewundert, die den Weg in die Trockenheit nur mithilfe einer Gruppe oder gar ganz allein geschafft haben, aber bei vielen funktioniert es halt nicht. Hauptsache es funktioniert. Ich bedauere es heute so spät mit Entgiftung usw. begonnen zu haben, ich wusste einfach nichts darüber. Darum ist Aufklärung über Therapie und Behandlung dieser Krankheit sehr wichtig, dasselbe gilt für andere Psychische Krankheiten. Das Internet leistet aber in dieser Hinsicht einiges.

LG Texi


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